Archiv | Januar, 2011

Tagesmutter und Fremdbetreuung

14 Jan

Die deutsche Sprache ist schon was Feines.

Das Wort Tagesmutter heißt zum Beispiel wörtlich, dass ein Kind tagsüber eine andere Mutter bekommt. Eine Tages-Mama eben. In der Zeit wird es also fremd-betreut. Betreut von einer fremden Person.

Diese Wörter sind grandios suggestiv und unheimlich falsch.

Kein Kind hat auf einmal eine andere Mutter, wenn es tagsüber von einer Tagesmutter betreut wird. Es bedeutet auch nicht, dass eine Mutter all ihre mütterliche Verantwortung, ihre Erziehungsprinzipien und schon gar nicht ihre Liebe abgibt, sondern schlicht und ergreifend, dass das Kind von einer anderen Person betreut wird. Und zweitens, diese Person ist doch nicht fremd! Niemand gibt doch das eigene Kind einem Passanten mit nach Hause, oder setzt es an einen besetzten Tisch im Café mit den Worten „Marie ist allergisch gegen Erdnüsse, und ich komme in neun Stunden wieder!“

Kinderbetreuung ist institutionalisiert und kontrolliert, Eltern schauen sich Einrichtungen vorher an, kommen mit den Erzieherinnen (auch denen, die bei sich zu Hause arbeiten) ins Gespräch, machen die Bedürnisse ihrer Kinder klar und bleiben in Kontakt mit ihnen.

Vorsicht also mit Worten, die Frauen wieder einmal suggerieren, dass ihre  Entscheidung für die Kinderbetreuung durch Externe mit einem Verlust der Mutterschaft oder der Be- und Entfremdung ihrer eigenen Kinder einhergeht. Da hilft die Sprache wieder einmal herrlich mit, Frauen abzustempeln und ideologische Kriege zu befeuern…

In den Vätermonaten

12 Jan

Und in den Vätermonaten reisen wir dann alle zusammen für vier Wochen durch Texas!, rufen rotbäckig und stolz die Akademikerdamen, wenn sich ihr Herr Gemahl mit der gutbezahlten Controller-Stelle für acht Wochen aus dem Geschäft zurückzieht.

Das nenne ich doch mal echtes väterliches Engagement!

Vier Wochen Urlaub, und Mutti macht weiterhin die Arbeit, Respekt!

In meinem Bekanntenkreis posaunte jüngst ein frisch gebackener Vater, dass er jetzt für vier Monate (!) seine wissenschaftliche Karriere ruhen lassen würde, um sich um sein Kind zu kümmern. Klar, die Artikel, an denen er gerade sitzt, werde er natürlich fertig schreiben, und ein oder zwei Konferenzen lässt er in der Zeit auch nicht sausen. Aber eigentlich sind diese vier Monate (!) wirklich ein Karrierestopp nur für seinen Sohn.

Da kommen der Mami Tränen der Rührung. Was für ein modernes Familienbild! Da nimmt sich Papi vier Monate (!) Zeit für den Spross. Er opfert ein drittel Jahr seiner Karriere für das eigene Kind, das ist schon beachtlich.

Wer bekommt eigentlich die Kinder?

10 Jan

Weil wir die Kinder bekommen, und dazuhin noch Brüste haben, die diese Kinder in den ersten Lebensmonaten ernähren können, bleiben wir zu Hause.

Weil wir die Kinder bekommen, verstehen wir als einzige, was diese Kinder wirklich brauchen.

Weil wir die Kinder bekommen, geben wir ihnen Wärme und Geborgenheit, die niemand auf der Welt ihnen zu geben vermag.

Weil wir die Kinder bekommen.

Als ob wir uns entscheiden könnten. Sicherlich, wir entscheiden uns für oder gegen Kinder, aber in der Frage, wer die Kinder in einer heterosexuellen Beziehung gebärt, können wir auf Gleichberechtigung noch lange warten.

Gleichberechtigung muss dann beginnen, wo die Kinder nicht mehr in den mütterlichen Bäuchen sind. Und zwar gleich dann.

Mit Verlaub, aber wenn es so wahnsinnig attraktiv wäre, jahrelange mit den Kleinen zu Hause zu bleiben, dann hätten die meisten Männer das schon lange gemacht.

Ein hässliches „I“ in der Mitte

9 Jan

Ich kann nicht nachvollziehen, warum immer noch so viele Frauen geradezu beleidigt sind, wenn sie als Ärztinnen, Studentinnen, Politkwissenschaftlerinnen oder Terroristinnen bezeichnet werden.

Diese „Sprachverstümmelung“ finde ich genauso verstümmelnd wie die Konjugation von Verben oder das Anpassen eines Satzprädikates an den richtigen Fall. Wenn ich mir manchmal den Spaß erlaube, in einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe nur die weibliche Form als Zuschreibung zu benutzen, dann kommt der Protest gleich von allen Seiten, zumindest aber leises Gelächter. Haha, wir Studentinnen, haha, dabei sind da ja auch Männer, hoho.

Judith Butler predigt es schon seit Jahrzehnten, aber richtig angekommen ist es immer noch nicht. Sprache ist Machtinstrument Nummer eins und prägt unsere Wirklichkeit in einmaliger Art und Weise. Wir sehen und erspüren nur das, was wir mit Worten auch ausdrücken können. Wenn wir nicht erspüren, dass es auch Malerinnen, Mörderinnen, Köchinnen und Professorinnen gibt, dann erspüren wir auch nicht, dass wir ein nicht wegzudiskutierendes Recht auf die eigene Sichtbarkeit haben.

Wir Frauen sind da! Wir verstümmeln nicht die Sprache, und schon gar nicht die Realität!

Bekenntnis zum F-Wort

8 Jan

Ist das Bekenntnis zum Begriff „Feministin“ wirklich so wichtig? Das fragte mich gestern Martin in einem Kommentar.

Ich denke: JA!

Es gibt viele Facetten und eine lange, gewachsene Historie des Begriffes, das ist richtig. Und auch, wenn sich Frauen nicht mit allen dieser Facetten identifizieren können, halte ich ein Bekenntnis zur emanzipatorischen Bewegung für unabdingbar. So zu tun, als ob der Feminismus vorbei wäre, oder gar verrückt, ist ein Arschtritt für all die Frauen, die seit so langer Zeit für eine Gleichberechtigung der Geschlechter kämpfen. „Die machen zwar die Drecksarbeit, aber so richtig identifizieren kann ich mich damit nicht, eigentlich ist ja schon alles geregelt.“- das ist eine kurzsichtige und ziemlich unsolidarische Einstellung.

Bekenntnis zum Feminismus heißt doch auch, sich bewusst über immer noch vorhandene Unterschiede, über immer noch präsente Diskriminierung, über immer noch nicht erreichte, aber notwendige Ziele zu werden. Darum wünsche ich mir, dass immer mehr Frauen auf die F-Frage mit einem klaren „JA“ anworten können.

Wie gesagt: ich glaube, es ist einfach wieder eine große Unsolidarität unter Frauen. Die einen als zottelige, achselbehaarte Waldweiber darzustellen, die irgendwo in der Emma oder auf den Bäumen für die Gleichberechtigung einstehen, während die moderne, gut ausgebildete Karrierebraut das ja gar nicht mehr nötig hat.

PS: Martin, denk doch mal an die Linke! Braucht es da, trotz historischer und ideologischer Fehltritte, nicht auch ein klares Bekenntnis?

Ich bin doch keine von denen!

7 Jan

Immer noch werden viele Frauen ganz vehement, wenn sie die F-Frage gestellt bekommen: Und, bist du eigentlich eine Feministin?

Gott bewahre, schnaufen da die Damen, ich bin doch keine von denen, diese altmodischen, ewiggestrigen Zankweiber, wir haben doch alles, und überhaupt, was für eine peinliche Debatte!

Das ist doch irgendwie so, wie ein Schnitzel zu fragen, ob es für die Tierrechte eintritt. Auch so eine furchtbar altmodische, ewiggestrige Debatte.